Buddhismus in Magdeburg:


Was bedeutet LAMRIM


Um zu verstehen, was Lamrim ist, brauchen wir keine besonderen Fähigkeiten, aber um Lamrim zu praktizieren, braucht es ein besonderes Maß an Bemühen. Wenn wir mit Lamrim vertraut werden, dann können wir lernen, unsere momentanen und endgültigen Probleme, welche von übertriebener Selbstliebe und anderen Verblendungen kommen, zu lösen und dadurch dauerhaften Frieden finden. Durch diesen geistigen Fortschritt können wir schrittweise ein befreites, erleuchtetes Wesen werden, das durch besondere Fähigkeiten und Segnungen allen anderen Lebewesen auf jede nur erdenkliche Weise helfen kann. Da es so viele Wesen gibt, die unsere Hilfe brauchen, müssen wir zuvor lernen, wie wir ihnen effektiv nutzen können.

Lamrim ist eine besondere Darlegung von Dharmaunterweisungen, welche von Atishas Hauptschüler Dromtönpa verfasst wurden. Zu jener Zeit, als die Lehren des Buddhas durch fehlgeleitete Unterweisungen und falsche Übungen im Lande des Schnees, in Tibet, stark degeneriert waren, wurde der große Pandit Atisha auf Bitten dreier großer Dharmakönige nach Tibet gebracht. Das Anliegen der Tibeter bestand nicht darin, Atisha um fortschrittliche, tiefgründige Übungen und Rituale zu bitten, sondern ihn um eine klare, leicht zu übende Anleitung über das Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma) und ein einwandfreies Dharma zu bitten, welches er selbst praktiziere und alle Stufen des Pfades zur Erleuchtung einschließe sowie für die Allgemeinheit der Tibeter nützlich sei. Sie hatten sehr wenig Weisheit und Fähigkeiten und bedurften einer besonderen Darlegung der Lehre, die es ihnen ermöglichte, entsprechend ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten, den vollständigen Pfad zu praktizieren.

Jowo Atisha fasste den Lamrim für drei Arten von Wesen zusammen:
1.) für die kleinen (oder anfänglichen) Wesen, die sich ein glückliches Leben wünschen (diese werden nochmals in zwei Arten unterteilt: in jene, die sich das Glück dieses Lebens wünschen, und in jene, die sich Glück für die zukünftigen Leben wünschen);
2.) für die mittleren Wesen, die sich wünschen, von jeder Art von Leid befreit zu werden und Nirwana – persönlichen Frieden – zu erlangen;
3.) für die großen Wesen, welche die große Erleuchtung zum Wohle aller Lebewesen anstreben.

Atishas Werk sollte darüber hinaus alle Schriften und Kommentare der Sutras und Tantras umfassen. Auch diesen Wunsch erfüllte Atisha gerne und verfasste das bekannte Werk „Lampe auf dem Weg zur Erleuchtung“ aus reinem Mitgefühl für diejenigen, die aufgrund ihrer ungezügelten Lebensweise die „Wilden hinter dem Berg“ (Himalaja) genannt wurden.

Bis zum heutigen Tage ist der Lamrim der Hauptkörper aller Belehrungen und somit von unschätzbarem Wert. Lamrim wird häufig mit einem großen Ozean verglichen, und alle anderen Unterweisungen sind wie die Nebenströme oder Zweige des Ozeans.

Alle vierundachtzigtausend unterschiedlichen Unterweisungen, die Buddha Shakyamuni lehrte, sammeln sich im Lamrim, in diesem großen Ozean des Wissens. Je Tsongkhapa, einer der großen Reformatoren der buddhistischen Lehre, sagte, dass, wann immer jemand dem Lamrim zuhört, darüber nachdenkt und meditiert, alle Unterweisungen Buddhas darin eingeschlossen seien. Und aller Nutzen und alle Verdienste, die daraus gewonnen werden, wären mit dem Hören aller Unterweisungen Buddhas vergleichbar. Lamrim wird deshalb häufig die Krönung aller Dharmas genannt und Je Tsongkhapa der König aller Dharmas.

Zur Zeit Buddhas selbst waren diese Übungen sehr fortgeschritten und die Lebewesen hatten es leicht, schnelle Verwirklichungen zu gewinnen. Deshalb wird diese Zeit auch häufig als goldene Zeit oder zunehmende Zeit bezeichnet, im Gegensatz zu unserem degenerierten Zeitalter. Viele erlangten Freiheit von ihren Nöten, Problemen und von Leid. Tausende konnten auf diese Weise Buddhaschaft erlangen, und selbst wenn die Schüler Buddhas Dharmaunterweisungen gaben, erlangten die Menschen dadurch hohe Realisationen. Mehr benötigten sie nicht. Die Unterweisungen waren so verfasst, als würde man dem gesamten Lamrim innerhalb einer Unterweisung zuhören.

Als Buddha z.B. Unterweisungen darüber gab, dass Reichtum von Karma abhängig ist, lehrte er ebenso die Handlung des Gebens, und als er die Anleitungen über moralische Disziplin gab, lehrte er die Abhängigkeit der menschlichen Wiedergeburt vom Karma der moralischen Disziplin. Als er die Anleitungen über die Vollkommenheit der Geduld gab, lehrte er ebenso, wie eine schöne Gestalt und ein gefälliges Aussehen von Handlungen (Karma) der Geduld abhängig sind. Als er Anleitungen über die Vollkommenheit des freudigen Bemühens gab, lehrte er ebenso, wie alle geistigen Übungen von Handlungen (Karma) des Bemühens abhängig sind. In den Unterweisungen über die Vollkommenheit der Konzentration lehrte er, wie aller Frieden von Handlungen (Karma) der Konzentration abhängig ist, und als Buddha die Vollkommenheit der Weisheit lehrte, lehrte er, dass Befreiung von Handlungen (Karma) der Befreiung abhängig ist.

Buddha lehrte auf diese einzigartige, kraftvolle und weise Art, wie das Tor zur Befreiung und vollen Erleuchtung zu öffnen ist.

Durch die Präsentation des Lamrims handelte Atisha selbst wie Buddha Shakyamuni, und durch das Befolgen der Anleitungen bekommen wir große Fähigkeiten, alle Verblendungen (Kleshas), deren einzige Funktion es ist, uns unfriedlich und unkontrolliert werden zu lassen, zu überwinden und den Geist zu kontrollieren. Damit sind wir wirklich in der Lage, anderen zu nutzen und machen uns selbst dabei glücklich.

Deshalb ist der Lamrim etwas sehr Kostbares und Heiliges. Jedes Wort hat eine besondere Bedeutung, und deshalb sollten wir immer, wenn wir dem Lamrim zuhören, mit offenem Geist zuhören und eine gute Absicht oder Motivation entwickeln.

Buddha gab uns den kostbaren Ratschlag: „Bitte höre mit guter Motivation und einsgerichtet zu. Höre ganz besonders zu. Sei einsgerichtet und mit einer guten Absicht verbunden und vergiss nichts!“

Dieses sollten wir uns stets zu Herzen nehmen, bevor wir mit Lamrim beginnen. Sich mit Lamrim zu beschäftigen, als würden wir ein Fernsehprogramm oder die Tageszeitung lesen, wäre verschwendete Zeit. Deshalb ist es wichtig, vorher alle Ablenkungen zu stoppen. Dann werden wir mit unserer Konzentration weniger Schwierigkeiten haben. Wenn uns dies nicht gelingt, werden unsere schlechten Gewohnheiten uns ablenken und uns daran hindern, wirklich Erfolg in unserer geistigen Entwicklung zu haben. Dann können wir uns nicht wirklich positiv verändern.

Mit Ablenkungen zu studieren, nachzudenken und gar zu meditieren, bringt keine brauchbaren Ergebnisse. Unser Geist muss sich mit dem Dharma mischen können. Sonst mischt er sich mit Ablenkungen und Verblendungen, und wir werden nicht den Nutzen aus unserer Übung gewinnen, den wir uns wünschen. Wir wünschen uns Frieden und Ruhe, aber unsere starken Ablenkungen bescheren uns geistige Aufruhr und Unruhe. Deshalb sollten wir uns Buddhas Ratschlag persönlich zu Herzen nehmen.

Unsere Probleme werden durch die Anwendung des Lamrims schrittweise abnehmen und schließlich aufhören. Unser Leben wird glücklicher und erfüllter. Wir können ein gutes Herz entwickeln, unsere Wut, unsere Eifersucht, unser Stolz und so weiter werden aufhören. Weiter brauchen wir nichts dafür zu tun. Das ist die Bedeutung der Anwendung von Dharma.